Suche
Suche Menü

Kind vom Chef: Unwirksamkeit eines Ehevertrages wegen Benachteiligung der finanziell unterlegenen Ehefrau

Das Oberlandesgericht Oldenburg hatte über folgenden Fall zu entscheiden:

Die Auszubildenden erwartete von Ihrem Chef ein Kind. Das Paar beabsichtigte zu heiraten und zuvor einen Ehevertrag zu schließen, in dem der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft ausgeschlossen und stattdessen eine Gütertrennung vereinbart wurde. Weiterhin wurde der Versorgungsausgleich (Ausgleich der während der Ehe erwirtschafteten Rentenansprüche) ausgeschlossen und der nacheheliche Unterhalt auf den Zeitraum bis zur Vollendung des 8. Lebensjahrs des gemeinsamen Kindes beschränkt.

Im vorliegenden Fall kam es zwar nicht zur Trennung des Paares – allerdings verstarb der Ehemann nach Hochzeit und Abschluss des Ehevertrages.

Die Ehefrau beantragte beim zuständigen Nachlassgericht den Erbschein. Dieser wurde Ihr verwehrt, da das Nachlassgericht davon ausging, dass auf Grund des Ehevertrages eine gesetzliche Zugewinngemeinschaft nicht mehr bestand und somit auch kein Anspruch der Ehefrau auf die Hälfte des Nachlasses. (Folge der vereinbarten Gütertrennung)

Gegen diese Entscheidung des Nachlassgerichtes legte die Ehefrau Rechtsmittel ein.

Das zuständige OLG Oldenburg entschied sodann zu Gunsten der Ehefrau. Das Gericht führte aus, der Ehefrau stehe ein Anspruch auf den beantragten Erbschein zu, da Sie den Ehemann zur Hälfte beerbe.

Seitens des OLG wurde ausgeführt, dass der im Ehevertrag vorgenommene Ausschluss des Zugewinnausgleichs sittenwidrig und somit gegen § 138 Abs. 1 BGB verstoße.

Zur Begründung führt das OLG an, dass die im Ehevertrag vereinbarten Ausschlüsse einzeln gesehen nicht unwirksam seien. Im Rahmen einer Gesamtbetrachtung sei jedoch eindeutig eine erhebliche und einseitige Benachteiligung der Ehefrau aus dem Vertrag zu lesen. So verliere die Ehefrau durch die entsprechenden Vereinbarungen in dem Ehevertrag einen Anspruch auf Teilhabe an dem während der Ehe erworbenen und gesteigerten Vermögen, verliere den Anspruch auf Ausgleich der während der Ehe erworbenen Rentenanwartschaften des Ehemannes und erhalte zudem nur für einen begrenzten Zeitraum nachehelichen Unterhalt.

In dem unausgeglichen Vertragsinhalt spiegele sich demnach eine auf ungleiche Verhandlungspositionen basierende Dominanz des Ehemannes wieder, was zu einer Störung der Vertragsgrundlage führe.

Zusammengefasst: Ist eine Vertragspartei auf Grund des Altersunterschieds in Lebenserfahrung und auf Grund unterschiedlicher Bildung dem anderen Vertragspartner erheblich unterlegen und nutzt dies der andere Vertragspartner aus, so kann dies zu einer Sittenwidrigkeit des Ehevertrages führen.

Im vorliegenden Fall kam hinzu, dass die Ehefrau dem Ehemann zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses als Auszubildende gegenüberstand. Dies führte zu einer weiteren Abhängigkeitssituation zu Lasten der Ehefrau.

 

OLG Oldenburg – Beschluss vom 10.05.2017 – 3 W 21/17(NL)